Es war einmal eine kleine Biene auf einer Wiese am See. Sie durchbohrte die Schichten meiner Haut und ließ dafür ihr Leben.
Was für die Biene das Ende des Lebens war, war für mich das Ende meines normalen Bewegungsradius. Die nächsten Tage verbrachte ich leidend auf meiner Couch, robbte auf Knien mit einem Kissen durch meine Wohnung und ernährte mich nur noch vom Lieferservice. Jeder Schritt tat höllisch weh, der Fuß brannte und es fühlte sich an, als würde immer wieder ein Messer in meinen Fuß gebohrt werden. Nach 2 Tagen und 2 schlaflosen Nächten stand fest: So geht es nicht weiter. Ich würde mal sagen, dass ein komplett blauer Fuß, der pocht und auf die doppelte Größe angeschwollen ist, doch nicht so normal ist, wie ich gehofft hatte. Also ab zum Arzt.
Aber wie sollte das gehen? Ich schaffte es ja nicht einmal in der Küche länger als 2 Minuten zu stehen, um mir etwas zu essen zu kochen?! Weitere Herausforderungen: Mit dem Fuß konnte ich nicht mit dem Auto fahren. Außerdem lag die Praxis meines Hausarztes in der Innenstadt – Auto fiel also sowieso flach. Zur Bushaltestelle konnte ich auch nicht humpeln. Dann eben mit dem Taxi. Zwei Schmerztabletten später wagte ich es.

Ein netter Herr namens Ibo sah mich auf das Taxi zu humpeln. Ein sorgenvoller Blick. Nach kurzer Erklärung ging ein längeres Gespräch los über Bienenstiche, über alte Behandlungsmethoden von Oma und Mama hin zum Gesundheitssystem an sich. Ibo übernahm sofort die Rolle eines sich sorgenden Vaters, klärte ab, wer sich um mich kümmert, und wie ich wieder nach Hause komme. Inklusive: die Fahrt direkt vor die Tür der Praxis. Mit dem Aufzug ging es nach oben. Im Hausflur wartete schon die nächste Person mit einem sorgenvollen Blick.
„Ach was haben Sie denn gemacht?“
„Nur ein Bienenstich, der sich entzündet hat.“
Und erneut: Behandlungsempfehlungen und Mitgefühl. Im Wartezimmer wurde ich ebenfalls nicht verschont. Weitere Tipps. Mittlerweile sollte ich also meinen Fuß mit Zwiebeln einwickeln, Essig drübergießen und ihn gleichzeitig in einen Eimer Wasser halten. Nicht zu vergessen welche Globulis Pflicht seien.
Die Ärztin nahm sich mir an und weitere Tipps folgten. Und: Cortison. Also doch die volle Dröhnung. Mittlerweile schmerzte mein Fuß so sehr, dass ich alles dankbar annahm. Ein Problem gab es dann aber doch. Ich musste noch zur Apotheke. Der Weg von der Tür des Arztes hin zum Eingang der Apotheke erschien mir unendlich. Mitfühlende Mienen blickten mir entgegen, während ich mit einem Geschirrhandtuch um den Fuß gewickelt durch die Innenstadt humpelte. Die Erleichterung, als ich die Apothekte betrat, war wohl mit der Erleichterung zu vergleichen, wenn man nach ewiger Suche endlich eine Toilette findet. Und die Erleichterung erstarb ebenso schnell, wie wenn man plötzlich merkt, dass noch fünf Personen vor einem stehen. Denn: um mein Rezept einzulösen, musste ich einmal durch die gesamte Apotheke laufen. Da es sich nicht um eine klassische Apotheke handelte, durfte ich mich also durch verschlungene Gänge quälen, vorbei an etlichen Cremes und anderen apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtigen Produkten. Endlich angekommen, war ich durch mit der Welt. Mein Fuß pochte und ich wollte einfach nur noch nach Hause auf die Couch.

Der Apotheker schien das zu merken. Das, und dass ich mich nicht mehr so recht auf meinen Beinen halten konnte. Während ich versuchte, hinter der Abstandslinie zu bleiben, wies er mich immer wieder an, doch noch einen Schritt nach vorne zu kommen, damit ich mich abstützen konnte. Im Nachhinein wohl kein Wunder: durch die Glasscheibe und die Maske war er wohl mehr geschützt, als wenn ich plötzlich umkippen sollte und er hinter seinem Tresen hervortreten musste, um mich heldenhaft zu retten. Wenn er nicht schon mit Taten helfen konnte, dann eben mit Worten. Erneut erfuhr ich von der einzig richtigen Behandlung bei einem Bienenstich und ich wurde erneut abgefragt, ob ich denn auch ja alles bisher richtig gemacht hatte. Hatte ich augenscheinlich nicht. Sonst hätte sich dieses Ding ja wohl nicht so stark entzündet, oder? Nun, der Gute konnte ja nichts dafür. Dennoch wollte ich nur weg. Gefühlt floss mein gesamtes Blut in den rechten Fuß. Wahrscheinlich hatte sich mein Herz gleich auch dahin verabschiedet, dachte ich mir. Denn es pochte und pochte. Selbst wenn mein Herz sich nun in meinem Fuß befunden hätte, ich wollte den Fuß einfach nur noch loswerden, um zumindest eine kurze Pause von den Schmerzen zu haben. Was so eine verdammt kleine Biene doch alles ausrichten kann!
Mit einem kämpferischen Lächeln verabschiedete ich mich und versicherte selbstverständlich zuvor, dass ich alle Tipps zu Hunderprozent einhalten werde.
Meine Gedanken dabei? Hauptsache raus hier. Und dann, endlich war es geschafft! Ab nach Hause, so schnell es geht!! Also genauer gesagt, so schnell es eben nicht geht. Denn ich musste mir natürlich erst einmal wieder den Weg zum Ausgang bahnen. Doch ich wusste, egal was noch gekommen wäre: Ibo hätte mich wieder abgeholt. Also wählte ich seine Nummer, wartete ungeduldig und bereits als ich das Taxi kommen sah, wusste ich: die nächsten Tipps werden kommen.

Disclaimer: Dies ist zwar eine wahre, aber lustig gemeinte Geschichte. Es handelt sich nicht um einen ärztlichen Rat, wie man mit Bienenstichen umgehen sollte, ebenso wenig wie eine Beschwerde gegen Bienen. Bienen machen einen verdammt guten Job und sie sollten definitiv ihren Platz auf der Welt haben. Nur vielleicht nicht stechend und sterbend auf meinem Fuß 😉
Ich freue mich, wenn dies Dir nicht selber passiert ist. So etwas wünsche ich niemanden.
Sollte es Dir doch widerfahren sein, hoffe ich, daß Du es überstanden hast – es zumindestens auf den Weg der Besserung ist.
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Leider ist es mir passiert 😀
Mittlerweile geht es meinem Fuß aber sehr viel besser und ich kann wieder normal laufen 😉
Liebe Grüße
Janne
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Ich würde auf die Tipps des Taxifahrers setzen…
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Die waren auf jeden Fall sehr gut – ich habe sie nämlich auch ausprobiert 😉
Aber ich habe einiges getestet. Es könnte alles geholfen haben, oder auch nichts 😀
Liebe Grüße
Janne
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Herrlich geschrieben! Gute Besserung – und Du weisst ja, wer heilt hat Recht. Ob das die Ärztin, der Taxifahrer oder sonstwer ist 😉
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Freut mich, dass dir der Beitrag gefallen hat, Carina 🙂
Du sagst es!
Und am Ende ist alles wieder gut: Ich kann endlich normal gehen 😉
Liebe Grüße
Janne
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